Mit kaum verhohlenem Grinsen im Gesicht stolzierten Matthias und ich Anfang 1999 zum ersten Investoren-Termin über die flauschigen Teppiche einer oberen Bank-Etage.
Jahrelang verkehrten wir in demselben Etablissement nur im Erdgeschoss in der Schalterhalle. – Zum Ausdrucken der Kontoauszüge und mit gespanntem Blick auf das monatliche Wettrennen zwischen BAföG-Zahlung und Überschreitung des Dispolimits.
Nie hätten wir gedacht, dass man uns mal bei Bahlsenkekse und Kaffee viele Millionen Mark anbieten würde.
Die Dotcom-Zeit (Mitte der 90er bis zum Crash 2000) war typisch für zahllose solcher Stories um uns herum. 1997 wurde der Neue Markt gegründet und spülte unglaubliches Geld in die zukunftsweisenden Branchen.
Bevor wir Netzpiloten mit den großen Investoren sprachen, sollte man auf alle Fälle schon von uns gehört haben. Wir arbeiten bereits mit 20 Leuten in der Schanze, hatten als eines der ersten Start-ups eine Förderung der neuen Hamburger IT Initiative gewonnen.
Keinesfalls wollten wir bei den Earlybirds oder der Haspa Beteiligungsgesellschaft als Schnäppchen über den Tisch gehen. Hier unser smart move: Wir nahmen einen privaten Kredit auf (100.000 Mark) und starteten eine kleine Werbekampagne: Bauzaun-Plakate, cooles Merchandising, ein paar Print-Anzeigen. Der Hit war die Seitenscheiben-Beklebung in Bus und Bahn. Eine Internet-Bude macht Außenwerbung. Das Konzept ging auf. Wir bekamen traffic auf die Seite und gehörig Aufmerksamkeit bei Presse und Investoren.
Jetzt hatten wir genug Stoff für fantasievolle Hochrechnungen, was ein Besucher auf unseren Websites wert sein würde. Wir gingen keck mit einer zig-Millionen Bewertung ins Rennen und niemand lachte uns aus.
Um es kurz zu machen: Unserer Freundin (und spätere Vorständin) Tina Kulow verdankten wir den eindringlichen Tipp, uns nicht von Investoren zu schnell an die Börse treiben zu lassen. Zu anstrengend und fernab vom Kerngeschäft sei die Rallye.
Glaubten wir sofort und informierten alle VCs, dass wir nur mit denjenigen weiterverhandelten, die uns nicht innerhalb von 5 Jahren an die Börse bringen wollten. Was soll ich sagen, übrig blieben zwei!
Mit United Internet AG wählten wir gestandene Geschäftsleute, die zu ihrem starken Basisgeschäft einen kleinen Park von Internetfirmen fördern wollten. Stundenlang hingen wir mit ihnen in unseren Schanzen-Cafes herum und fabulierten über die neue Internetwelt. Das war essenziell. Und ich kann das nur jeder Start-up-Truppe empfehlen:
Die menschliche Komponente ist das Wichtigste bei der Verbindung zum Investor. Ihr müsst euch absolut sicher sein, dass ihr mit den Partnern auch in harschen Konfliktsituationen kommunizieren werdet. Konflikte kommen immer.
Unser Konflikt war ein halber Weltuntergang: die Dotcom-Blase platzte. Der Ausstieg von United Internet nach nur knapp 17 Monaten war nervenzerfetzend. Aber fair.
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