Der Effekt der internationalen Werbekampagne war für uns überwältigend. Plötzlich wollten alle mit uns arbeiten. – Teils, weil sie Berge von stupid Start-up-Money vermuteten (war nicht vorhanden bei uns), teils weil sie uns New Economy-Starlets treffen und von uns was lernen wollten.
Rundherum war Mitte 2000 die Dotcom-Krise aber durchaus schon spürbar. Unsere Investoren waren im März 2000 eingestiegen. Da war deren Börsenkurs auf einem Höchststand. Alles schien goldrichtig. Aber schon Tage später begannen alle New Economy-Notierungen zu fallen. Unaufhaltsam bis zum Zusammenbruch des Neuen Marktes. Aber das ahnte damals natürlich niemand.
Im Sommer 2000 hörten wir von unseren Freunden bei den Hamburger Shooting-Stars wie Kabel New Media, Pixelpark und Popnet die Gerüchte über zunehmende Schwierigkeiten. Da wir als Nicht-Agentur deren Geschäfte aber nicht gut kannten und wir unsererseits noch grinsend das Werbe-High genossen, fühlten wir uns erstmal nicht infektionsgefährdet.
Heute schaue ich natürlich kopfschüttelnd auf diese Zeit, in der wir den Schuss nicht gehört hatten. Meine Arbeitstage in diesem Sommer/Herbst 2000 waren gefüllt mit glamourösen Businesstreffen. Insbesondere Verlagshäuser wollten von uns Digital-Publisher wissen, wo es langgeht. Ich sehe mich noch in der obersten Etage bei Lagardère Publishing in Paris, in einem unfassbaren Büro nur einen Steinwurf entfernt vom Arc de Triomphe. – Da musste sich der Frankenbub dann schon mal kurz selbst kneifen.
Aber der Druck wuchs. Die Werbeeinnahmen gingen zurück. In den Diskussionen mit den Agenturen wurde die Unzufriedenheit mit blinkenden Bannern immer größer. Auch unsere Sonder-Werbeform der geführten Webtouren mit eingebauten Stopps bei Werbepartnern wurde plötzlich wertlos („Forced Click“, wenn das noch jemandem etwas sagt). Unser Problem: Etwas anderes als Werbefinanzierung hatten wir nicht am Start.
Die magische Pionierzeit mit der Mischung aus Mut und Naivität war vorbei. Der Euphorie der Gründerzeit folgten erst Chaos (panische Suche nach neuen Businessmodellen), dann knallharter Rückzug. Letzteres fand mein Gründungspartner Matthias auf absurde Weise reell und konkret. Ich stimme ihm zu. Nach dem flirrenden Aggregatzustand der Alles-ist-Möglich-Zeit forderte der Krisenmodus jetzt von uns fokussierte Klarheit und harte Arbeit, um zu retten, was zu retten ging. Der Touchdown durfte kein Totalschaden für die Netzpiloten werden.
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